Neurodermitis: Die Geschichte von Leo & Luis

„Beide Söhne haben seit der Geburt Neurodermitis. Der ältere litt schon früh unter einem hartnäckigen Neugeborenenexanthem, begleitet von Darmproblemen bei der Geburt. Der jüngere erfuhr alternative präventive Maßnahmen, zeigte aber trotzdem Neurodermitis und Nahrungsmittelallergien.“

Du hast zwei Jungs, die beide Neurodermitis haben. In welchem Alter und wie war ihr Weg von den ersten Symptomen bis zu den Diagnosestellungen? Gab es Komplikationen?

Genau, meine beiden Söhne leiden seit ihrer Geburt an Neurodermitis. Bei unserem großen Sohn fing es eigentlich direkt mit der Geburt an. Er hatte ein sogenanntes Neugeborenenexanthem, was laut Ärzten mit der Zeit von selbst verschwindet. Leider war dies jedoch nicht der Fall. Schon nach kurzer Zeit bemerkten wir, wie seine Haut immer schlimmer wurde. Er hatte von Anfang an Probleme mit seinem Darm. Der Stuhlgang hatte keine typische Konsistenz und Farbe, roch schlimm und er musste sich immer sehr anstrengen, damit überhaupt etwas kam. Ich bekam während der Geburt Antibiotika, was bestimmt nicht förderlich für den kleinen Darm war. Sein Hautzustand wurde zunehmend schlechter. Es wurde dann irgendwann so schlimm, dass er aufgrund der dauerhaft nässenden Haut einen extremen Eiweißmangel bekam und ihm dadurch die Kraft fehlte, seine Spezialmilch zu trinken. Dies wurde dann zum Glück im Fachkrankenhaus erkannt und behandelt.

Bei unserem 2. Kind haben wir versucht, alles anders zu machen. Ich habe mich vor und während der Schwangerschaft alternativ behandeln lassen und habe meinen Darm ins Gleichgewicht gebracht. Luis verabreichten wir auch, anders als Leo, von Anfang an gute Darmbakterien. Ihn hat es zum Glück nicht ganz so stark getroffen, wie seinen großen Bruder und er hat auch keine so starken Nahrungsmittelallergien, verschont wurde er von der Neurodermitis trotzdem nicht und auch hier gingen wir wieder eine Zeitlang durch die Hölle.

Erinnerst du dich an den Moment, an dem du die Diagnose erhalten hast? Wie hat er sich für dich als Mama angefühlt?

Es gab keinen speziellen Moment der Diagnose. Eigentlich haben wir die Diagnose „schwerste Neurodermitis“, wie es nach jeder U-Untersuchungen im Heft festgehalten wurde, selbst zuhause gestellt. Die Tatsache und die Erkenntnis, dass unser erstes Baby so schwer betroffen ist, war schwer.

Ich freute mich so auf schöne weiche Babyhaut, die gut duftet und mit der man schmusen kann. In diesen Genuss kamen wir jedoch leider nie. Die Haut unserer Kinder war offen, hat genässt und man konnte sie teilweise kaum berühren. Man fragte sich, womit man das verdient hat.

War dir gleich bewußt, was die Diagnose für dich, deine Familie bedeutet?

Ich ahnte, was diese Krankheit für uns als Familie bedeuten würde. Mein kleiner Bruder war auch sehr stark an Neurodermitis erkrankt.

Ich war zu dem Zeitpunkt 14 Jahre alt und kann mich nicht mehr an alles erinnern. Aber ich werde nie vergessen, wie schlecht es meiner Mama damals ging und wie leid er mir getan hat.

Mein Mann und ich waren nervlich am Ende, als es Leo immer schlechter ging. Wir schliefen nicht mehr, weil Leo nicht schlafen konnte. Er lag abwechselnd in unseren Armen und wir hielten ihm seine kleinen Hände fest, damit er nicht kratzen konnte. Wir trugen ihn herum, wir liefen nachts mit dem Kinderwagen durchs Dorf – nur damit er etwas zur Ruhe kommen konnte. Es war eine unglaublich belastende Zeit.

Die Entscheidung für ein 2. Kind war sehr schwer, da wir eigentlich damit abgeschlossen hatten. Der Wunsch, in den Genuss eines gesunden Babys zu kommen, war aber einfach größer. Wir sahen, wie toll sich unser großer Sohn entwickelte und wie gut wir mit der Neurodermitis und den Nahrungsmittelallergien zurechtkamen. Und mal ehrlich, ein zweites Mal wird uns das doch nicht treffen – dachten wir. Schon als es hieß, es wird wieder ein Junge, fuhren meine Gedanken Achterbahn.

Ich versuchte alles, um positiv zu denken, aber leider erwischte es auch unseren 2. Sohn mit dieser wirklich belastenden Krankheit. Auch wenn wir etwas besser damit umzugehen wussten und bestimmte Dinge von Vornherein gar nicht erst versuchten, war es dennoch wieder eine enorme Herausforderung für die ganze Familie, da jedes Kind und jeder Krankheitsverlauf anders sind. Wenn wir keinen solchen starken Rückhalt von unserer Familie und unseren Freunden gehabt hätten, wären wir damals daran zerbrochen.

Meine Mama war meine größte Stütze in diesen schweren Zeiten und hat mich immer wieder geerdet, wenn meine schlimmen Gedanken mal wieder verrückt gespielt haben.

Wie stark ist die Neurodermitis bei den beiden fortgeschritten? Egal, bei welchem Arzt oder in welcher Hautklinik wir mit unserem großen Sohn waren, er war überall „der schlimmste Fall“ mit seinen 3 Monaten.

Der ganze Körper hat phasenweise genässt, bis wieder alles verkrustete. Kratzte er die Krusten ab, war wieder alles offen. Es war ein Teufelskreis, aus dem wir einfach nicht ausbrechen konnten. Es war die Hölle.

Unser kleiner Sohn hatte es zwar nicht ganz so schlimm, dafür zieht es sich bei ihm länger hin. Er hat jetzt mit fast 3 Jahren immer noch ab und an einen Schub, aber wir kommen gut damit zurecht.

Wie geht es ihnen aktuell? Müssen sie eine Therapie machen und Medikament nehmen? Welche Erfahrungen hast du bereits mit Therapie/n bei den Kindern gemacht?

Unser großer Sohn wird jetzt bald 7 Jahre alt und lebt nahezu beschwerde- und schubfrei. Er hat wunderschöne Haut und benötigt nur noch eine ganz normale Basispflege.

Unser kleiner Sohn hat bald seinen 3. Geburtstag und leidet immer noch regelmäßig an Neurodermitis-Schüben, vorwiegend wenn sich ein Infekt ankündigt.

Er kratzt dann wieder verstärkt und seine Haut spielt verrück. Wir haben uns angewöhnt, das nicht zu dramatisieren und versuchen ruhig zu bleiben, weil ihm das am besten durch einen Schub hilft.

Es ist natürlich kein Vergleich mehr zu dem Zustand, wie es mal war, aber während eines Schubes brauchen wir trotzdem gute Nerven, die entsprechende Hautpflege und bestimmte Helferchen. Medikamente zur Behandlung der Neurodermitis bekamen beide Kinder nicht.

Wir haben unseren großen Sohn in der 1. Hautklinik mit Kortison behandelt, stellten aber schnell fest, dass das nicht unsere Lösung ist. Wir haben uns für einen ganzheitlichen Weg (den wir in der 2. Hautklinik kennenlernen durften), entschieden, welcher sich für uns am besten anfühlte und unseren Kindern gut geholfen hat und immer noch hilft.

Wir haben bei beiden Söhnen Stuhlanalysen machen lassen, um das Darmgleichgewicht wiederherzustellen. Außerdem haben wir beide Jungs klassisch homöopathisch behandeln lassen und auch das Blut untersucht, um Rückschlüsse auf einen eventuellen Pilz- und Virenbefall zu ziehen.

Wie behutsam gehen Ärzte mit den Kleinen und ihrer Haut um? Wird darauf geachtet, dass sie nicht traumatisiert werden?

Wir hatten das Glück, eine gute Kinderärztin an der Hand zu haben, die uns in allem unterstützte. Auch wenn sie sich nicht im Detail mit Neurodermitis auskannte und wir uns viel selbst behelfen mussten, stand sie immer an unserer Seite und hat uns unseren Weg gehen lassen. Das ist viel Wert, weil man ja doch des Öfteren die Hilfe des behandelnden Arztes benötigt, sei es um eine Reha zu beantragen oder um akut in eine Klinik aufgenommen zu werden. In den Hautkliniken trifft man auf unterschiedliche Ärzte, das muss ich einfach so sagen. Es gibt ganz tolle einfühlsame Ärzte und eben auch andere, die einem selbst und auch dem kleinen Patienten nicht guttun und die auch nicht über den Tellerrand schauen wollen, was bei dieser Krankheit aber einfach wichtig ist.

Aktuell sind wir nicht mehr in klassischer ärztlicher Behandlung, da wir andere tolle Therapeuten an unserer Seite haben. Mittlerweile wissen wir auch sehr gut mit der Neurodermitis bei unseren Jungs umzugehen und können uns oft selbst behelfen.

Unseren Jungs geht es am besten, wenn wir die Neurodermitis nicht ständig thematisieren und mit viel Geduld und Ruhe auf die jeweiligen Phasen reagieren.

Hast du bereits alternative Heilmethoden ausprobiert, die die Kindern bei einer regulären Behandlungen unterstützen sollen? Was funktioniert da hervorragend und wovon kannst du abraten?

Ja, da wir uns für den ganzheitlichen Weg entschieden haben, haben wir alternative Heilmethoden ausprobiert. Abraten möchte ich von vornherein von keiner Methode, weil jeder anders reagiert und man nicht pauschal sagen kann, dass etwas auf keinen Fall helfen kann.

Wir haben Stuhlanalysen machen lassen und den Darm dann Stück für Stück wieder ins Gleichgewicht gebracht, da im Darm nahezu 80 % aller Immunzellen ansässig sind und eine gesunde Darmflora immens wichtig ist. Wir sind ein großer Fan der klassischen Homöopathie, da wir bei unseren beiden Söhnen und auch bei uns und anderen Menschen um uns herum immer wieder sehen, wie toll es wirkt.

Viele sprechen von Einbildung, aber wie soll ein Säugling sich einbilden, dass etwas wirkt oder nicht wirkt? Natürlich muss man dem gegenüber aufgeschlossen sein, aber das ist ja bei vielen Dingen so.

Wir haben außerdem tolle Erfolge mit der Dunkelfelddiagnostik erzielt. Hierbei wird ein Tropfen Blut unter dem Mikroskop untersucht und man kann Rückschlüsse ziehen, beispielsweise auf eine Übersäuerung, bakterielle oder parasitäre Belastungen, Organschwächen etc. und dementsprechend behandeln. Dass es dir das Herz zerreißt, wenn deine Kinder sich wund und blutig kratzen, ist daran zu merken, dass du dir überlegt hast, ihnen das Leben zu erleichtern.

Für sie hast du die „Kratzies“ erfunden, Handschuhe zum Schutz empfindlicher Kinderhaut. Was hat es mit den Kratzies auf sich, woraus bestehen sie und was sind deine Erfahrungen bei den Kids mit den Handschuhen, die man auf Insta unter @kratzies_eine_herzenssache bestaunen kann.

Das stimmt, ich habe damals gemeinsam mit meiner Omi aus der Not heraus Handschuhe für unseren großen Sohn genäht, weil die gekauften nichts nützten.

Es gab keine Anti-Kratzhandschuhe zu erwerben, die erfolgreich verhinderten, dass die sowieso schon angegriffene Haut nicht noch mehr geschädigt wird. Wir haben so viele Handschuhe getestet und keine waren wirklich alltagstauglich. Entweder waren sie zu dünn, wodurch die Kinder sich trotzdem blutig kratzen konnten. Oder sie hatten keine Möglichkeit zum Befestigen, weshalb sie ganz leicht ausgezogen werden konnten. Bei manchen waren die Nähte und Schilder außen, wodurch noch verstärkter gekratzt werden konnte. Alles meiner Meinung nach nicht wirklich gut durchdacht.

Unsere Kratzies sind einzigartig, denn sie sind, anders als die üblichen Handschuhe, aus 2 verschiedenen Stoffen (gem. OEKO-TEX Standard 100). Innen bestehen sie aus einem atmungsaktiven Baumwolljersey, der sich super angenehm auf der Haut anfühlt. Außen bestehen unsere Kratzies aus einem ganz besonderem Fleecestoff, welcher super weich ist. Sie haben außerdem dicke Bändchen zur schonenden Befestigung am Handgelenk und keine Außennähte oder störende Schilder.

Kratzekinder sind erfinderisch und der Zwang zum Kratzen kann nicht dauerhaft unterdrückt werden. Man sollte ihnen das Kratzen auch nicht ständig verbieten, weil die kleinen Neurodermitiker dadurch noch mehr gestresst werden.

Mit unseren Kratzies können sich kleine Kratzekinder auch mal dem Juckreiz hingeben, ohne sich sofort die Haut zu verletzen oder durch aufgekratzte und schmerzende Haut aus dem Schlaf gerissen zu werden. Ich habe mich irgendwann dazu entschlossen, auch anderen Betroffenen unsere Kratzies an die Hand zu geben und bin sehr dankbar, ihnen damit eine kleine Hilfe im täglichen Kampf gegen die Neurodermitis bieten zu können. Das Feedback der Eltern von betroffenen Kindern ist durchweg sehr positiv, was mich wirklich von ganzem Herzen freut. Einigen Familien konnten wir damit schon helfen. Auch uns persönlich haben die Kratzies viele Nächte erleichtert und unseren beiden Söhnen einiges an Leid erspart.

Mein Mann und ich schneiden nach unserem Hauptjob jedes einzelne Paar per Hand zu und geben es dann in eine kleine Familienkonfektion zum Nähen. Auch das Logo wird liebevoll in einer familiär geführten Stickerei in unserer Nähe aufgebracht. Somit ist jedes Paar aufwändig handgefertigt und ein Unikat.

Welche Tipps kannst du Eltern mit auf den Weg geben, die merken, dass die Haut ihrer Kinder anders ist.

Als erstes würde ich versuchen ruhig zu bleiben und das Kind nicht spüren zu lassen, dass etwas anders sein könnte. Ich weiß aus eigener Erfahrung, wie schwer das ist, aber die Kleinen nehmen jede unserer Emotionen auf und reagieren entsprechend darauf. Da psychische Faktoren bei Neurodermitis eine sehr große Rolle spielen, ist es daher wichtig, keinen unnötigen Stress aufkommen zu lassen.

Am besten man spricht in Ruhe mit dem Kinderarzt oder einem Therapeuten seines Vertrauens darüber und erkundigt sich nach den verschiedenen Behandlungsmöglichkeiten.

Meiner Meinung nach muss es nicht sofort die chemische Keule sein, aber auch das muss jeder für sich und sein Kind selbst entscheiden.

Was sind gute Hausmittel, um Kinder mit Neurodermitis das Leben zu erleichtern? (Ablenkung, Bäder, Cremes, Kratzies, Ernährung etc….)

Es gibt einige gute Helferchen, um die Kleinen zu unterstützen. Hier eine Auswahl, die uns gut geholfen hat: Schwarzteeumschläge oder Schwarzkümmelöl bei nässenden Hautstellen * Nachtkerzenöl unter die Basispflege mischen bei trockener Haut * Bäder in Meersalz * Cistrosenöl ins Badewasser oder in die noch feuchte Haut einmassieren * Kratzies während des Schlafens, damit die Haut zur Ruhe kommen kann * leichte Baumwollkleidung * Thermalwasserspray aus dem Kühlschrank * Beikosteinführung so schonend wie möglich (Süßkartoffel und Zucchini anstatt Karotte)

Was wünscht du dir in Bezug auf Neurodermitis (bei Kindern)?

Ich wünsche mir, dass die kleinen Neurodermitiker im Ganzen betrachtet werden. Neurodermitis ist nicht nur entzündete, trockene und juckende Haut und man sollte nicht nur das behandeln, was man äußerlich sieht. Meiner Meinung nach sollte man innen ansetzen, denn wenn man das nicht tut und im schlimmsten Fall die Symptome nur unterdrückt, kommt es früher oder später zurück. Dann vielleicht in Form von Asthma, Heuschnupfen oder einer Nahrungsmittelallergie.

Jede Erkrankung sucht sich ihren Weg – so unsere Erfahrung. Ich denke, einige Ärzte oder Therapeuten denken bereits um und das ist gut so. Es gibt nicht das eine Wundermittel, was jedem hilft, deshalb ist es wichtig, für jedes einzelne kleine Individuum die bestmögliche Behandlung zu finden.

Schlusswort:

Wenn es das eigene Kind betrifft, ist es besonders schlimm, weil man das Gefühl hat, machtlos zu sein und nicht helfen zu können. Man darf traurig sein und es ist auch vollkommen ok, stellenweise überfordert zu sein – das ist alles normal und menschlich. Mit der Zeit, mit viel Geduld und Verständnis wird es jedoch besser, so unsere Erfahrung. Es lohnt sich, durchzuhalten und nicht den Mut zu verlieren, denn die Zeit heilt tatsächlich alle Wunden- äußerlich und innerlich.

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