Interview II — FOLGEGESCHICHTE:
Anfang 2023 hast du uns in die Neurodermitis-Geschichte deiner Tochter eingeweiht, die seit ihrer jüngsten Kindheit an Neurodermitis leidet. Die Kleine war von Beginn an stark betroffen und musste ganz schön leiden. Aber ihr seid ein eingespieltes Team und du hast versucht, dass ihr MIT der Erkrankung arbeitet und nicht GEGEN sie. Doch sowohl Kinder als auch Krankheiten entwickeln sich weiter.
Mittlerweile ist M. 10 Jahre alt und die Pubertät steht mehr oder weniger vor der Tür. Auch wenn wir dachten, schlimmer geht’s nicht mehr, kommt von irgendwo ein neuer Schub daher. Die wohl schwierigste Zeit hatte meine Tochter etwa von Oktober 2023 – Oktober 2024.
Klappt euer Ansatz mit der Neurodermits zu leben trotz der schlimmen Zeit?
Wir versuchen weiterhin, so wenig Medikamente und Cortison wie nötig anzuwenden. Größtenteils versuchen wir schon, dass wir mit und nicht gegen die Neurodermitis arbeiten. Allerdings weiß man selbst nicht immer zu 100 Prozent, was den jeweiligen Schub auslöst. Das macht es etwas schwieriger, aber dennoch machbar. Medikamente nutzen wir wenig – mal hier eine verschriebenen Salbe und täglich Fenistil zum ruhigeren schlafen.
Wie hat sich die Neurodermitis deiner Tochter inzwischen entwickelt? Gab es besondere Rückschläge oder Verbesserungen? Hat sich die Qualität der Schübe oder ihre Häufigkeit verändert?
Den schlimmsten Schub gab es wohl von Oktober 2023 bis Oktober 2024, also im Alter von 9 Jahren. Anfangs dachten wir, es wäre die Aufregung auf den Geburtstag, die Weihnachtszeit und das kältere Wetter in Kombination mit Ofenwärme. Doch irgendwie war das anders. Die Haut wurde kontinuierlich schlimmer, Besserungen waren nie wirklich zu sehen. Egal wie oft ich dachte schlimmer geht’s nicht mehr – es wurde schlimmer. Wir mussten viel Durchmachen, glauben aber immer noch fest daran mit der Haut zu arbeiten.
Egal ob Winter, Frühling oder Sommer – so wirklich lag es nicht am Wetter. Besonders getriggert hatten im Frühjahr 2024 die Birkenpollen. Ich habe immer wieder kontrolliert, was fliegt und was im Allergiepass steht. Diese Reaktion sah etwas anders aus als ihre Neurodermitis – großflächig rot, nicht unbedingt juckend aber schlimm und schmerzend. Auch Äpfel hat M. wahrscheinlich aufgrund von Allergien nicht mehr vertragen – der Mund juckte, es schien unaufhaltsam. Erst lange Zeit später, im Herbst 2024 hat sie sich langsam an ein kleines Stück Apfel herangetastet – ohne Probleme.
Der Schub wurde so schlimm, dass baden keine Option mehr war. Alles brannte nach wenigen Sekunden, die Haut feuerte und das Kind schrie. Ins Freibad oder in den Pool? Fehlanzeige! Keine Abkühlung wie man es sich im Sommer als Kind wünscht. Auch die Kleidung änderte sich. Kurze Sache? Ebenso Fehlanzeige! Lang und luftig musste es sein, so dass niemand etwas sieht und auch ja nichts klebte. Kurze Oberteile waren die Ausnahme. Unterwäsche waren eine Qual, denn der Rand drückte und brannte an der wund gekratzten Haut, ganz egal was und wie wir geschmiert, abgedeckt oder verbunden haben. Wir holten luftige Haremshosen, alles mindestens eine Nummer größer, der Bund über den Bauch. So ging das dann einigermaßen. Erst heute, Ende 2024, wagt sie sich in sehr guten Zeiten daran, eine Leggings zu probieren.
Eine kurze Zeit lang durfte nichts ihre Beine berühren. Auch normales Laufen war nicht möglich, weil die Kniekehlen und Knie brannten, bluteten und wund waren. Irgendwie hat sie sich fortbewegen können, aber von Rennen und Springen war das weit entfernt.
Auch die Nächte wurden immer schlimmer. Im Sommer 2024 war es dann richtig schmerzhaft. Die Kleine schlief eine Stunde, war dann mindestens eine Stunde wach, kratzte sich, weinte und schrie. So ging es bis morgens. Ich war natürlich auch immer wach, so dass ich in dieser Zeit kaum Schlaf bekam. Auch das Umfeld (Familie) war zunehmend “genervt”. Es gab für niemanden Erholung. Irgendwann wurde es glücklicherweise wieder besser.
Ich als Mama traute mich nicht einmal mehr, sie zu streicheln oder zu berühren (vorrangig Rücken) aus Angst ihr weh zu tun und aus Sorge, über die offenen Wunden zu streichen. Alles war blutig, voller Grind. Gesunde Haut war das nicht. Auch die Freizeitgestaltung lief mit viel Wehmut beim Kind, durch weniger Freude und ständiger Begleitung vom Schmerz. Egal, ob wir draußen in die Natur waren oder bei kleinem Konzerten.
Wir waren beim Arzt für einen Abstrich. Insgeheim habe ich gehofft, dass einen neuen Ansatzpunkt gibt. Doch nichts. Antiallergisch wirksame Tabletten waren und sind ständiger Begleiter. Globuli wirken nicht mehr.
Irgendwann hörte ich dann von einer Erzieherin und Mutter, dass sie ihrem Kind “Kijimea Derma” gegeben hat und es seitdem beschwerdefrei ist und kein Notfallset mehr benötigt. Im September 2024 habe ich es M. gegeben und ihre Haut wurde schlagartig besser. Insgesamt gab es weniger Blut, weniger Grind und viel Besserung. Es war wie unser kleines Wunder! Der Schlaf wurde für die Kleine wieder besser und damit erholsam. Der Juckreiz nahm ab und man konnte sogar gesunde Haut sehen. Ich hatte endlich wieder ein lachendes Kind zuhause, das Unternehmungen wie “früher” machen konnte. Endlich ging es bergauf. Die letzten drei Monate des Jahres 2024 waren ein stetiges auf und ab von schlimmer oder besserer Haut, aber es war nicht mehr so dramatisch. Jetzt zum Jahreswechsel arbeiten an kleinen, normalen Dingen wie Leggings tragen oder baden gehen. Ich bin froh, dass es wird.
So eine Krankheit macht was mit Kindern und je älter sie werden, desto bewußter wird ihnen, dass sie anders als die anderen sind. Wie hat sich das Sozialleben deiner Tochter in der letzten Zeit entwickelt? Welche besonderen Herausforderungen hat sie in der Schule oder der Freizeit zu meistern?
Das Sozialleben an sich hat sich in Bezug auf Freunde nur wenig geändert. Die Klassenkameraden kennen sie nur mit Neurodermitis und, Gott sei Dank, ist sie daher bisher von Mobbing verschont geblieben.
Jedoch hat sie im Sommer 2024 nur lange Hosen getragen, obwohl sie meistens kurz trägt. Sie äußerte auch zunehmend, dass man sie so nicht sehen soll, sie ihre Haut hasst und das alles nicht will. Für den Sportunterricht hat sie ein Attest erhalten, sodass sie offiziell nur das mitmacht, was geht.
Freizeitaktivitäten waren für M. lange nicht mehr von Freude. So gern war sie wandern, aber es quälte sie ein Hose zu tragen. Sie liebt Konzerte, doch alles juckt und brennt. Und obwohl Urlaub traumhaft ist, steht bei ihr immer der Schmerz und Juckreiz im Vordergrund.
Das lachende, freudige Mädchen kam erst dann langsam zurück, als auch die Haut besser wurde.
Seit der Diagnose deiner Tochter hat sich ja einiges in eurem Familienleben geändert. Wie hat die Krankheit euren Alltag weiterhin beeinflusst?
Die größten Veränderungen gab es im Jahr 2024 Jahr und ist, denke ich, dem dauerhaften Schlafmangel und vielleicht auch dem wenigeren Sport durch das Sportattest zuzuschreiben. Während längeren Autofahrten oder Unternehmungen musste das Kind ständig beruhigt werden. Wir haben alles gemacht , damit sie möglichst ruhig bleibt und nicht “ausrastet”.
Wie geht deine Tochter heute selbst mit ihrer Erkrankung um.
Sie weiß, das ein gewisses Maß an Creme gut ist. Mit ihrer “Bienensalbe” (Propolis) macht sie das auch verhältnismäßig gern. Ihr Pulver nimmt sie auch. Alles andere ist eine Qual für sie. Teilweise will sie die “Scheiß Tabletten” nicht nehmen, weil alles Scheiße ist und sie nervt. Wir verstehen das und deshalb gibt es nur das Nötigste. Momentan kommen wir damit gut zurecht.
Gab es Momente, in denen du besonders stolz auf deine Kleine warst, weil sie so toll mit einer für sie schweren Situation umgegangen ist?
Ich bin die ganze Zeit stolz auf sie. Nicht nur WIE, sondern auch DASS sie das alles meistert. Es ist nicht immer leicht, aber ich bin da für sie und das weiß sie. Wie sie kaum laufen könnend ihren Alltag meisterte und mit so wenig Schlaf den Tag durchhielt – Für mich war das auch hart und ich frage mich wirklich manchmal, wie sie das um Gottes Willen durchgehalten hat?
Wie siehts mit deiner psychischen Belastung aus? Hat sich da bei dir oder deiner Tochter was in letzter Zeit geändert?
Selbsthilfegruppen habe ich im Umkreis leider nicht. Ich tausche mich hier und da aus. Psychisch spielt da schon viel rein. Allerdings auch nicht mehr oder weniger als sonst. Oft kann ich es gut zuordnen und mit ihr entsprechend handeln. Bei positiver Aufregung zum Beispiel wissen wir beide, das es vorbei geht und keiner Sonderbehandlung bedarf.
Habt ihr in den letzten zwei Jahren neue Behandlungsansätze, neue Ärzte oder Therapeuten ausprobiert? Wenn ja, was hat gewirkt und was nicht? Gibt es Medikamente oder Pflegeprodukte, die besondere gut oder rein gar nicht geholfen haben?
Dahingehend wurde nicht viel probiert. Auf Cortison haben wir verzichtet, daher keine neuen Ärzte.
Mit Elidel haben wir Ende 2024 gute Erfahrungen gemacht.
Fenistil ist ihr täglicher Begleiter, vor allem abends um ruhiger zu schlafen. Propolis nutzt sie zur Pflege, damit kommt sie sehr gut klar. Das Kijimea Derma hat irgendwie alles gebessert.
Vielleicht war es auch ein Pubertätsschub, der alles angefeuert und so extrem verschlimmert hat.
Seit längerem beschäftige ich mich mal mehr mal weniger mit Sonnenstürmen und der Schumann Frequenz. Ist eine Nacht wilder, schaue ich wie die Fakten aussehen und kann auch hin und wieder sehen, dass diese hohen Energiewerte etwas mit meiner Tochter machen. Oft verschlimmern, manchmal bessern sich ihre Symptome oder ihr Schlaf.
Was hast du in den letzten zwei Jahren im Umgang mit der Neurodermitis und im Umgang mit deiner Tochter gelernt?
Dass meine Tochter unglaublich stark ist. Dass nach “Regen wieder Sonne kommt”. Auch wenn ich verzweifelt war, hat sich schlussendlich alles wieder zum Guten gewendet. Ich habe gelernt, dass ich nicht zwingend auf Cortison zurückgreifen muss und manches vielleicht auch einfach Zeit und Liebe braucht.
In unserem letzen Gespräch hast du gesagt, du hoffst, dass deine Tochter mit der Neurodermits glücklich wird und sie ihre Haut akzeptiert wie sie ist. Welche Hoffnungen und Ziele für die Zukunft hast du heute in Bezug auf die Neurodermitis deiner Süssen?
Ich hoffe, dass sie weiterhin MIT der Neurodermitis leben wird. Natürlich darf sie auch mal wütend und verzweifelt sein. Ich hoffe einfach, dass so eine schlimme Zeit möglichst nicht wieder kommt, denn dann schafft sie es auch besser, mit der Krankheiten zu leben. Die Hoffnung ist auch da, dass sich alles bald verwächst.
Mein Ziel wäre es, dass sich Schulstress nicht negativ auf die Haut auswirkt, bzw. wir einen Weg finden, der für ihre Haut am besten ist. Denn bald steht der Schulwechsel an und alles wird neu spannend.
Dein Schlusswort:
Aufgegeben wird nicht – wir stehen gemeinsam auf und rocken das Leben als Team!